Die kleinen Trumps unter uns

Wie umgehen mit Narzissten am Arbeitsplatz?

 C.Mang                                              

Grafik: Atelier Veichtlbauer
Grafik: Atelier Veichtlbauer

Simon Keller* arbeitet im Verkaufsaußendienst. Seine Firma beliefert den Lebensmitteleinzelhandel. Simon berichtet in einem Coachinggespräch über seinen Chef:

„Mein Chef ist Vielredner. Er redet ständig und lässt keine andere Meinung zu. Er muss immer im Mittelpunkt stehen. Einerseits fordert er uns auf, dass wir ihm Feedback geben sollen. Wenn ich andererseits was sage, wird er gleich laut und aufbrausend. Bei der Verkäufertagung letzte Woche im Burgenland benahm er sich wieder unmöglich. Ein Kollege ging während seines Dauervortrages raus auf die Toilette (Pausen werden bei uns nicht gemacht). Das war eine Majestätsbeleidigung. Der Kollege wurde vor allen zur Schnecke gemacht. Ich hab bei der Tagung versucht, betont ruhig und sachlich zu argumentieren. Gleichzeitig habe ich auch an seine Sachlichkeit appelliert. Da ist er erst recht hochgegangen. Was kann ich tun?“

 

Narzissten erkennen

Am allerwichtigsten ist es erst mal, den Narzissten als solchen zu erkennen.

75 % der Narzissten sind Männer. Sie machen bis zu 2,5 % der Bevölkerung aus. Der Narzisst hat einen übersteigerten Drang im Mittelpunkt zu stehen. Er ist vollkommen von sich überzeugt, hat in der Regel viel Fachkompetenz, ist redegewandt und schlagfertig. Durch sein unermüdliches Streben nach Bewunderung erbringt er oft Spitzenleistungen.

 

Beispielsweise hält Simons Chef stundenlange Monologe und stellt die Kollegen in der Öffentlichkeit bloß. Ein berühmtes Beispiel ist Trump, der bei jeder Gelegenheit twittert und von sich behauptet, der beste Präsident seit Abraham Lincoln zu sein. Er beleidigt Frauen, Schwarze, Mexikaner,…

 

Was der Narzisst sagt, gilt. Widerspruch wird kaum geduldet. Anders Denkende werden schon mal unter der Gürtellinie fertig gemacht. Es geht dem Narzissten nur vordergründig um die Sache. Sein eigentliches Ziel ist es, Aufmerksamkeit und Macht auf sich zu ziehen. Ausschließlich sein Ego steht im Mittelpunkt. Nicht das Wohl des Unternehmens oder das Gemeinwohl. Neben Egozentrizität und der Entwertung anderer können wir bei der narzisstischen Persönlichkeit auch große Empfindlichkeit und mangelnde Empathiefähigkeit feststellen.

Kommen Sie sich neben einer Person (im Gegensatz zu anderen Personen) immer kleiner, unsicherer oder minderwertiger vor? Dann haben Sie es höchstwahrscheinlich mit einer narzisstischen Persönlichkeit zu tun.  

Das verletzte Kind sehen

Eine Ursache für narzisstische Störungen kann eine frühkindliche Beziehungsunsicherheit sein. Wenn sich ein Kind als ungeliebt und nicht wertgeschätzt erlebt hat, zählt das zu den schmerzhaftesten Erfahrungen, die ein Mensch machen kann. Diesen inneren Mangel will der erwachsene Mensch ausgleichen, indem er nach übermäßiger Bewunderung strebt. Es entwickelt sich ein ständiger „Hunger nach Liebe“. Eine Gier nach Macht, Einfluss, Anerkennung und Status ist die Folge. Dieser innere Mangel kann aber nie von außen vollständig gestillt werden. Die narzisstische Persönlichkeit strebt immer nach noch mehr Aufmerksamkeit. Es ist wie ein Fass ohne Boden.

 

Wenn Sie die Ursache für das narzisstische Verhalten kennen, dann können Sie dem Menschen schon anders begegnen. Der Narzisst verliert seine Macht, weil Sie das vernachlässigte gekränkte Kind hinter der großartigen Fassade erkennen können. Nachdem ich Simon die Ursache für Narzissmus erklärt habe, sagte er nach einer kurzen Nachdenkpause: „Eigentlich kann er einem ja leidtun.“

 

Abstand gewinnen

Sie erkennen jetzt narzisstisches Verhalten und dessen Ursache. Versuchen Sie aber bitte nicht einen Narzissten zu verändern oder zu therapieren. Sie werden daran scheitern, denn der Narzisst sieht sich ja selbst als perfektes Wesen. Daher können Sie nur daran arbeiten, sich gegenüber dem Narzissten anders als bisher zu verhalten. Der Narzisst erzeugt um sich eine ganz bestimmte Aura. Durch seine Präsenz kann er andere in den Bann ziehen und manipulieren. Um sich selbst nicht zu verlieren, ist ein kritischer Abstand daher ganz wichtig.

 

Suchen Sie soweit möglich räumliche Distanz und zeitlichen Abstand zwischen den Begegnungen. Schreiben Sie die einzelnen Vorfälle auf. Was ist konkret passiert und welche Gefühle hat das bei Ihnen ausgelöst. Zusätzlich empfehle ich Ihnen die Übung zur Verbesserung der emotionalen Distanz, welche ich im Blogbeitrag: „Der Froschkönig darf draußen bleiben“ vorgestellt habe.

 

Wertschätzen

Der Narzisst braucht Lob und Wertschätzung wie der Säugling die Muttermilch. Er ist abhängig davon. Wenn Sie ihm geben was er braucht, verschaffen Sie dem narzisstischen Ego und auch sich Ruhe. Zumindest vorübergehend, denn wie bereits beschrieben, das Bedürfnis kann nie nachhaltig gestillt werden. Wenn die narzisstische Persönlichkeit das bekommt was sie braucht, wird diese Sie auch mehr respektieren. Aber Vorsicht. Die Wertschätzung muss immer authentisch und echt sein, sonst kommt sie beim anderen nicht an und wird nicht ernst genommen.

Ein Tipp - falls es Ihnen schwer fällt, etwas zu finden, dass sie wertschätzen können: Zuhören. Schenken Sie einfach Aufmerksamkeit durch interessiertes Zuhören.

 

Grenzen aufzeigen

Die narzisstische Persönlichkeit wird Sie an Ihre Grenzen bringen. Sei das, indem sie im Übermaß Ihre Aufmerksamkeit und Bewunderung einfordert. Oder Sie und andere herabwürdigt beziehungsweise bloß stellt.

Klar Stopp zu sagen ist hier unbedingt notwendig, um nicht unterzugehen. Machen Sie klar, dass Sie nicht zu allem bereit sind. Dadurch werden Sie zwar Übergriffe und Ausschweifungen nicht verhindern, wohl aber reduzieren. Stärken Sie Ihre Position weiter, indem Sie sich Unterstützung bei Kollegen, Vorgesetzten oder beim Betriebsrat holen.

 

Weggehen

Narzissten als Chefs, Kollegen oder Mitarbeiter kosten meist viel Energie. Trotz aller Bemühungen kann der Zeitpunkt kommen, an dem Sie feststellen, dass es sich nicht weiter lohnt Ihre Energie in einen Dauerkonflikt zu opfern. Dann ist es Zeit, entweder selbst zu gehen oder als Chef, den Mitarbeiter zu kündigen. Holen Sie sich bei dem Entscheidungsprozess Unterstützung. Hinterfragen Sie, welche Vor- und Nachteile es hat, die Beziehung zu lösen.

Übrigens, meine Coaching- und Seminarteilnehmer haben mir schon oft berichtet, dass sie wieder mehr Respekt erfahren haben, wenn sie bereit waren zu gehen.

Abschließend noch eine erstaunlich realistische Selbsteinschätzung von Donald Trump:

 

„Das Schöne an mir ist, dass ich sehr reich bin."

 

 

*Name geändert

Quellen:

Heidrun Schüler-Lubienetzki, Ulf Lubienetzki, Schwierige Menschen am Arbeitsplatz, 2017

Reinhard Haller, Die Narzissmusfalle, 2013


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