Der Kollege mieft
C.Mang
Ines* ist Personalverantwortliche in einem kleinen mittelständischen Unternehmen. Neulich im Seminar hat sie folgendes Bespiel eingebracht:
„Ich habe einen Mitarbeiter eingestellt. Bei ihm hat sich nach kurzer Zeit herausgestellt, dass er ziemlich intensiven Körpergeruch hat. Grundsätzlich bin ich mit seiner Leistung sehr zufrieden. Bei uns fahren die Arbeiter morgens mit dem Kleintransporter gemeinsam zur Baustelle. Letzte Woche haben sie anscheinend vergessen, den Kollegen mitzunehmen und er musste im eigenen Auto nachkommen. In Wirklichkeit wollte ihn der Vorarbeiter nicht mehr mitnehmen, weil er und seine Kollegen es im Auto mit dem neuen Mitarbeiter nicht mehr ausgehalten haben. Unser Vorarbeiter hat gemeint, ich soll mal mit ihm reden.“
Aufbauend auf dem Beispiel von Ines haben wir im Seminar ein paar Empfehlungen herausgearbeitet.
Dieses Beispiel ist sehr typisch. Oft ist es so, dass niemand das Thema ansprechen will. Und dann steht ganz zufällig ein Deo am Schreibtisch der Kollegin oder es wird wie in diesem Fall „vergessen“, den Kollegen mitzunehmen.
Körpergeruch ist in unserer Kultur ein Tabuthema. Wir wollen das Problem nicht ansprechen, weil wir Angst haben, den anderen bloßzustellen. Was sind jedoch die Auswirkungen, wenn Ines das Gespräch nicht führt? Die Kollegen werden immer mehr auf Abstand gehen. Der Mitarbeiter, ich nenne ihn hier Herr Huber*, fühlt sich ausgeschlossen. Eine Zusammenarbeit ist schlussendlich nur mehr schwer möglich.
Ziel des Gespräches mit Herrn Huber ist, dass er einerseits sein Gesicht nicht verliert und andererseits die Botschaft klar rüberkommt. Zugegeben, das ist ein Spagat.
„Übrigens, was mir noch aufgefallen ist….“
Ideal wäre es, das Thema nebenbei zu erwähnen. Wenn sowieso ein Gespräch mit dem Mitarbeiter ansteht (z. B. Besprechung des Projektstatus), dann könnte man das Thema Körpergeruch gut anhängen. Falls die Zeit aber drängt wie im Fall von Herrn Huber, ist es besser, das Gespräch so bald als möglich zu führen. Die Thematik kann sonst schnell mal eskalieren.
Es fällt mir gerade schwer…
Beim Einstieg in das Gespräch würde ich relativ schnell auf den Punkt kommen. Vielleicht kennen Sie die Situation selbst aus Feedbackgesprächen mit Ihrem Vorgesetzten. Er fängt an mit: „Wie geht’s der Familie? Wie war das Wochenende?“ Und Sie denken sich die ganze Zeit: „Was will er von mir? Was kommt jetzt Schlimmes, wenn er schon so freundlich anfängt…, Lass die Katze endlich aus dem Sack…“
Da Ines Stress mit dem Gespräch hat, habe ich ihr empfohlen, zu Beginn kurz anzusprechen, wie es ihr mit der Situation geht. Das könnte in etwa so klingen:
„Es fällt mir gerade schwer, das anzusprechen, weil ich nicht unhöflich sein will…..“
Weichmacher
Für „normale“ Feedbackgespräche empfehle ich, möglichst klar und konkret den Sachverhalt zu formulieren. Im Fall von Ines ist es besser, weich zu formulieren. Dr. Katrin Matyseek, Expertin für Gesundheit im Betrieb, spricht hier von sogenannten Weichmachern.
Also: „Manchmal (nicht immer),
kommt mir vor als würde Ihre Kleidung (nicht Sie)
ein wenig unangenehm riechen (nicht stinken).“
Wie wirkt sich das aus und was will Ines?
Das könnte dann so klingen:
„Ich merke, dass ich manchmal den Impuls habe, auf Abstand zu gehen. Ich will das aber nicht. Ich erlebe Sie als zuverlässigen und engagierten Mitarbeiter und ich möchte, dass Sie gut in
unser Team hineinwachsen.“
Jeder riecht manchmal etwas speziell
Zusätzlich kann man das Thema normalisieren, indem man von eigenen Erfahrungen erzählt. Wenn ich selbst Knoblauch liebe, könnte ich zu Herrn Huber beispielsweise sagen:
„Wissen Sie, ich kenn‘ das ja auch, weil ich öfter Knoblauch esse. Meine Frau sagt mir dann, dass ich ziemlich intensiv rieche und selbst merk‘ ich’s gar nicht.“
Jetzt ist der andere nicht mehr der ekelige Stinker und ich nicht der, der ihn zurechtweist. Ich stelle mich auf dieselbe Stufe und normalisiere das Thema.
Die Sichtweise von Herrn Huber einholen, Lösungsansätze diskutieren und eine Vereinbarung zu treffen, das wären die nächsten Schritte. Bei einem heiklen Thema wie diesem würde ich aber in einem ersten Gespräch darauf verzichten. Herr Huber könnte das Gefühl bekommen, sich rechtfertigen zu müssen - oder er blockt ab. Außerdem reicht ein Gespräch meist schon für eine Veränderung. Und, wenn sich nichts bewegt, muss man sowieso nochmal miteinander reden.
Wie ging’s weiter bei Ines?
Ines hat das Gespräch mit Herrn Huber geführt. Er hat überraschend offen reagiert und sich sogar für die Rückmeldung bedankt. Er sagte, dass er schon oft das Gefühl gehabt hat, draußen zu stehen und:
„Jetzt weiß ich woran´s liegt. Danke.“
*Name von Seminarteilnehmerin und Mitarbeiter geändert
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