Von der Grusel- zur Wohlfühlversion

Heikle Gespräche führen

C.Mang                                               

Grafik: Atelier Veichtlbauer
Grafik: Atelier Veichtlbauer

Sie liegen nachts im Bett, Gedanken kreisen: „Das war eigentlich eine Frechheit von meinem Chef... Das braucht er mir nicht vorm Team zu sagen…Warum hab‘ ich mir das eigentlich gefallen lassen…? Morgen klär ich das in einem Gespräch mit ihm…“

 

Am nächsten Tag und am übernächsten und am überübernächsten und … gibt es kein Gespräch: „Ich muss zuerst noch was Dringendes erledigen. Wie soll ich ihn ansprechen? Wann ist der richtige Zeitpunkt? Eigentlich ist er jetzt eh wieder freundlicher…“

Mir fällt gerade Karl (Name geändert) ein, ein Teilnehmer meiner Burnout-Präventions-Seminare: „Ich sag‘ lieber nichts. So einen Job wie diesen bekomm‘ ich in meinem Alter im Waldviertel nie mehr.“

 

Die Angst vorm Säbelzahntiger

Es gibt viele Gründe, warum wir Hemmungen haben Konflikte anzusprechen. Die Sorge: um den Job, den Kopf zu verlieren, die eigenen Emotionen nicht im Griff zu haben, den anderen zu kränken oder selbst gekränkt zu werden, nachher blöd da zustehen, dass es eskaliert, dass mich der andere nicht mehr mag,...

Falls Sie ähnliche Tendenzen bei sich wahrnehmen, kann ich Sie beruhigen. Es ist ganz normal. Ein evolutionäres Programm in unserem Gehirn sorgt dafür. Für unsere Vorfahren war es überlebenswichtig, nicht aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden. Ein Ausschluss bedeutete mit großer Wahrscheinlichkeit den Tod. Die Angst, vom anderen abgelehnt und aus der Gruppe ausgestoßen zu werden, sitzt daher tief.

 

Grundsätzlich ist diese Reaktion nicht schlecht und wir brauchen uns vor unseren Hemmungen nicht zu schämen. Was in der Steinzeit aber ein durchaus sinnvolles Verhalten war, ist heute oft eine überholte Strategie. Ein Ausschluss aus der Gruppe ist nicht mehr lebensbedrohlich, aber gefühlsmäßig empfinden wir es vielleicht so.

 

Von der Gruselversion zur Wohlfühlversion

Was tun? Eine sehr hilfreiche Methode, um mit negativen Emotionen gut umzugehen liegt im Schreiben. Die Psychologin Linda Schroeter empfiehlt dazu eine wie ich finde sehr hilfreiche Übung. Sie nennt sie „von der Grusel- zur Wohlfühl-Version“. Hier eine kurze Anleitung:

 

1. Formulieren Sie schriftlich Ihre Gruselversion:

Was ist das schlimmste, das in dem konkreten Gespräch mit dieser Person passieren kann? Lassen Sie Ihren negativen Fantasien freien Lauf, auch wenn eine Seite in Ihnen das als übertrieben abtut. Nehmen Sie sich Zeit und heißen Sie alle negativen Gedanken, Gefühle und Empfindungen so gut es geht willkommen.

2. Wie würden Sie mit der Gruselsituation umgehen?

Überlegen Sie, wie Sie darauf reagieren könnten? Wer oder was könnte Sie unterstützen? Wie haben Sie in der Vergangenheit vielleicht schon ähnliche Situationen gelöst?

3. Notieren Sie die Wahrscheinlichkeit in Prozent, dass die Gruselversion eintritt?

4. Notieren Sie die Wahrscheinlichkeit in Prozent, dass das Gespräch harmlos verläuft?

5. Finden Sie so lange Lösungen, bis Ihre Prozentzahl für einen harmlosen Verlauf so hoch ist,

dass Sie sich wohlfühlen.

 

Ich möchte Sie ermutigen schwierige Gespräche zu führen. Denn was sind die Auswirkungen, wenn alles so weiterläuft wie bisher? In einer Studie von Vitalsmarts sagen 93 %, dass es negative Auswirkungen auf ihr Arbeitsleben hat, wenn sie heikle Gespräche nicht führen. Und, Hand auf’s Herz, meist ist es nicht so schlimm als befürchtet.

 

Natürlich ist gute Vorbereitung und Wissen über schwierige Gespräche extrem hilfreich. Das gibt Sicherheit und steigert die Effektivität.

Also: Just do it + prepare it!

 

Quellen:

Linda Schroeter, Konflikte führen, BusinessVillage, 2017,

https://www.vitalsmarts.com/resource-center/ 


Schön, wenn Sie mir Ihre Fragen und Kommentare zu  diesem Blogartikel senden.


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